Seit 16 Jahren lernen Oldenburger Schülerinnen und Schüler in der Genossenschaft „schoolart“ wirtschaftliche Zusammenhänge auf praktische Weise. Diese und alle anderen Schülerfirmen sehen sich jetzt bedroht – durch ein neues Umsatzsteuergesetz.
Schülerfirmen in Not: Anfang 2023 wird das Umsatzsteuergesetz geändert. Schülerfirmen müssen dann eine Umsatzsteuererklärung machen, weil sie unternehmerisch tätig sind. Das verlangt jetzt die EU. Der nötige Aufwand bringt die Schüler-Kleinstbetriebe in Bedrängnis.
Gerade prämiert
Gerade ist die die Oldenburger Schülergenossenschaft „schoolart“ – seit 2006 an derIGS Flötenteich – für ihr Engagement und auch ihr Durchhaltevermögen während Corona im Wettbewerb „Klasse Unternehmen“ ausgezeichnet worden. Jetzt sorgen sich die jungen Mitglieder aber um die Zukunft ihres Projekts. David Hegelmann aus der Klasse 8 und Vorstandsmitglied der Genossenschaft sagt: „Im Gegensatz zu kleinen Unternehmen sind für uns Schülergenossenschaften in dem neuen Gesetz keine steuerlichen Freigrenzen vorgesehen. Wir finden das sehr unfair. Das bedeutet das Ende vieler Schülerfirmen. Das kann doch nicht so gewollt sein.“
Die Schülergenossenschaft appelliert an die politischen Vertreter, sich dafür einzusetzen, dass Schülerfirmen – wie bisher unter bestimmten Bedingungen – von der Umsatzsteuer befreit bleiben.
Pädagogik und Praxis
Ingrid Schauder-Hoffmann, betreuende Lehrerin der Abteilung „schoolart“-Abteilung „Te@licious“ sagt: „Bei unserer Schülergenossenschaft handelt es sich um ein Schulprojekt, in dem junge Menschen wirtschaftliches Handeln und Denken ausprobieren können und dabei auch Fehler machen dürfen. Auch wenn die Schüler und Schülerinnen erfolgreich sind, so steht doch die pädagogische Arbeit stets im Vordergrund. Die Umsätze sind eher überschaubar.“ Eine Umsatzbesteuerung mache deshalb keinen Sinn. Stattdessen verursache sie vor allem Aufwand, weil der Schulträger nun unterstützend eingreifen müsse und auch für die Umsatzzahlen des Schulprojektes künftig mit in die Verantwortung gehe.
Die Schülergenossenschaft „schoolart“ besteht aus den Abteilungen „LTM Flötenteich“ und „Te@licious“. In der Teestube „Te@licious“ engagieren sich 30 Schüler aus den Klassen 8 bis 10: Sie machen Panini, Wraps und Crêpes und bringen sie anderen Schülern an die Tische. Sie treffen sich regelmäßig, um Produkte zu entwickeln, Investitionen vorzubereiten, Marketing zu machen und neue Mitarbeiter auszuwählen.
Bei „LTM“ (Licht Ton Medien) engagieren sich 13 Schüler aus den Klassen 9 bis 13. Sie unterstützen kulturelle Veranstaltungen der IGS Flötenteich mit Licht, Ton und weiteren Medien, planen den Bühneneinsatz, pflegen das Equipment und beraten die Schulleitung bei Neuanschaffung und Wartung.
ohne Gewinnabsicht
Eine Lösungsmöglichkeit des Verbands der Schülergenossenschaften zielt darauf ab, dass Schülerfirmen als „Kurse belehrender Art“ anzusehen sind und die Preisgestaltung nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist, sondern nur die anfallenden Kosten decken soll.
Die Verkaufsumsätze sollten steuerfrei erfolgen, weil gerade sie dem eigentlichen Lehr- und Lernzweck dienten. Ein Kurs belehrender Art sei exakt die „in der Praxis umgesetzte Schülerfirma“, in der der Lernstoff Wirtschaft praxisnah vermittelt werde.
Die Umsatzsteuererklärungspflicht entfalle so zwar nicht, wäre „jedoch unproblematisch“, denn die Schülerfirma müsste lediglich eine Gesamtumsatzzahl/Jahr oder Quartal (als steuerfreien Umsatz) an die Kommune oder das Land melden.
Hoffnung auf Politik
Dr. Kerstin Vorberg, Geschäftsführerin der IW Junior gGmbH, die zahlreiche Schülerfirmen betreut und jetzt in gemeinnützige Vereine umwandelt, sagt: „Schülerfirmen sind ein wichtiger pädagogischer Baustein im Leben von Schülern und Schülerinnen.“ Die Teilnahme gebe wichtige Einblicke in wirtschaftliche Zusammenhänge, stärke die Gründerkultur und schärfe das Profil der Teilnehmer, sagt die Expertin. So würden wichtigste Schlüsselkompetenzen bei der Mitarbeit in Schülerfirmen fürs spätere Leben „gefördert und verbessert“.
Das alles dürfe nicht gefährdet werden. IGS-Lehrerin Ingrid Schauder-Hoffman sagt, die Schüler hofften „inständig“, dass auch die lokale Politik und der Oldenburger Oberbürgermeister ihnen in dieser Sache zur Seite stünden.